Der kleine Inuit Kanickkinack
Es war einmal ein Inuit namens Kanickkinack.
Er war klein und wollte einfach nicht wachsen. Er traute sich auch nicht aufs Meer hinaus, was nicht gut war, denn so konnte er nicht jagen gehen. Jeden Tag kam er ohne Beute nach Hause. Eines Tages sagte die Mutter: „Du Nichtsnutz hast immer Hunger, aber bringst nie etwas von der Jagd mit, nicht mal einen Fisch!“ Kanickkinack sagte darauf gar nix mehr. Das ging zwei Tage so.
Dann versteckte Kanickkinack seine Handschuhe und sagte zu seiner Mutter: „Ich habe meine Handschuhe verloren!“ Sie nähte ihm Neue und am nächsten Tag sagte er wieder: „Ich habe meine Handschuhe verloren!“ So ging das eine Woche lang. Dann holte er alle Handschuhe aus ihrem Versteck, lud sie in sein Kajak und fuhr davon, ohne sich zu verabschieden. Er ruderte vorbei an den Walfängern und den Fischern. Er sah eine riesige Krähe und er fuhr einen Bogen um sie, denn er hatte Angst, sie könne ihn picken. Als er plötzlich einen Riesen sah, rief er zu ihm hoch: „Hallo!“, doch der Riese hörte ihn nicht. Kanickkinack brüllte: „Hallo!“ Da hörte ihn der Riese und sagte: „Du gefällst mir!“ Er nahm Kanickkinacks Boot, stellte es auf sein eigenes Boot und nahm es mit zu sich nach Hause. Als sie da waren, sagte der Riese: „Frau, ich habe ein Ziehsöhnchen für dich.“ „Ach, ist das niedlich“, sagte die Riesin. Als sie schlafen gingen,, sah Kanickkinack ein riesiges Vieh. Die Riesen schliefen in einer Art Hochbett, auf das Kanickkinack nicht hinaufkam, aber es hing eine Haarsträhne des Riesen herunter und Kanickkinack kletterte hinauf, weckte den Riesen und sagte panisch: „Ein Monster, Papa!“ Da sagte der Riese: „Du hast dich wohl vor einer Bettwanze erschreckt.“ Kaum war Kanickkinack wieder eingeschlafen, schreckte er wieder hoch. Ein riesiges Tier hatte ihn geweckt. Er schrie dem Riesen ins Ohr: „Ein Monster – da!“ Da sah der Riese es und sagte belustigt: „Das ist ein Floh!“ Er pustete ihn weg. Am nächsten Morgen sagte der Riese zu Kanickkinack: „ Setz dich dort ans Fenster und schau nach dort. Wenn sich etwas bewegt, sage mir Bescheid!“ Es regte sich etwas und er sagte dem Riesen Bescheid. Der Riese schaute und sagte: „Aha, ein Fuchs!“ Er zog sich an und steckte Kanickkinack in seinen Stiefel. Als sie beim Fuchs waren, schlug der Riese dem Tier auf den Kopf, zerschnitt es und gab Kanickkinack ein Stück Fleisch. Kanickkinack schleppte das Fleisch stundenlang und als er endlich da war, sagte die Riesin: „Ich bin so stolz auf dich!“ Am nächsten Morgen war Kanickkinack ein bisschen größer. Als Kanickkinack sah, dass sich wieder etwas rührte, sagte er dem Riesen Bescheid. Der Riese sagte: „Aha, Bär!“ Er zog sich an und steckte Kanickkinack in seinen Stiefel. Als sie beim Bären angekommen waren, schlug der Riese den Bären auf den Kopf, schnitt ihn durch und gab Kanickkinack zwei Stücke Fleisch. Diesmal schleppte der Junge bis tief in die Nacht und als er beim Haus der Riesen war, sagte die Riesin: „Ich bin so stolz auf dich!“ Am nächsten Tag war Kanickkinack fast so groß wie der Riese und wollte seine Familie besuchen. Der Riese sagte: „Warte, ich bau dir ein neues Boot!“ Kanickkinack fuhr nach Hause. Als ihn die Inuit sahen, liefen sie weg, aber Kanickkinack hob seine Mutter hoch und sagte: „Ich werde jetzt für euch sorgen!“ Die nächsten Tage holte Kanickkinack Robben,Wale und Fische aus dem Meer - bis er wieder zurück zu den Riesen wollte. Als er sich ans Gehen machte, sagte er : „Ihr solltet in die Gebirge ziehen, sonst werdet ihr ertrinken. Wenn ich rudere, kommt eine Flut!“ Einige sagten: „Kanickkinack, nur weil du der Größte bist, heißt das nicht, dass du eine große Klappe haben musst.“ Andere aber gehorchten.
Und so kam es, dass die Flut die Leute ins Meer spülte, die ihm nicht geglaubt hatten.
Nacherzählt von Hannes Küstner, 5g