Bei eisigen Temperaturen und schneeweißer Landschaft besuchte der LK Geschichte Q3 von Frau Simon am 16. Januar 2024 den angeblich „heißesten Ort des Kalten Krieges“. An keinem Ort in Deutschland war die Angst vor einer gewalttätigen Konfrontation der beiden Militärbündnisse NATO und Warschauer Pakt größer als hier, an dem eigentlich so idyllisch gelegenen ehemaligen Observationsposten der US-Amerikaner. Was macht das mit Menschen, die an solch einem Ort aufwachsen, in die Schule gehen, Freundschaften schließen - auf beiden Seiten der Grenze?
Hier, wo sich über Jahrzehnte mehr als 150.000 Soldaten und 4000 Kampfpanzer, sowie gepanzerte Fahrzeuge beider Militärblöcke mit jeweils unterschiedlichen Strategien gegenüberstanden. Diese Frage stand im Fokus unseres Besuches.
Um ihr nachzugehen hörten wir zunächst einen kurzen Vortrag über die Geschichte des Ortes und besuchten dann die Dauerausstellung in dem „Haus auf der Grenze“. Begleitet von eisigem Wind ging es Richtung US-Camp, vorbei an dem Nachbau der Grenzanlage. Hier wird deutlich, wie ausgefeilt das System der SED- Diktatur war, um die Menschen an einer Flucht zu hintern. Wir hören Berichte von Fluchtversuchen, von Inhaftierungen, von Bespitzelungen, von menschlichen Tragödien, weil Familie, Freundschaften und Beziehungen zerrissen werden – alle Berichte drehen sich um Menschen, die davon träumten frei zu sein.
Einen davon lernen wir am Nachmittag im Zeitzeugengespräch persönlich kennen. Herr H. ist in der DDR aufgewachsen, hat dort in der Schule die ideologische Prägung des Kommunismus erfahren und bereits früh zu spüren bekommen, wieviel Macht das System über ihn hat. Die Möglichkeit zum Studium wurde ihm wegen angeblich fehlender Gesinnung zunächst verwehrt. Er und seine Familie gerieten früh in den Fokus der Stasi, da sein Bruder bereits 1962 „rüber machte“. Er findet bewegende Worte, um sein Leben in der DDR zu beschreiben. Er liest aus seiner eigenen Stasi-Akte vor, mit dessen Veröffentlichung er erfahren musste, dass es sein Lehrer, ein guter Freund und andere ihm nahstehenden Menschen waren, die ihn bespitzelten. Er versucht dennoch zu erklären, warum sich Menschen als „IMs“ rekrutieren ließen. Er spricht von Angst, von Chancen die man nicht bekommt, wenn man nicht im Sinne des Regimes handelt. Und er berichtet von dem Leben an diesem besonderen Ort, in der Gefahrenzone, als Teil der Grenzanlage, in die niemand ohne Genehmigung rein oder raus kam. Er berichtet aber auch von Frust und Enttäuschung, von seinem persönlichen Blick auf das schwierige Zusammenwachsen nach der „Wende“.
Neben diesen sehr persönlichen Eindrücken, erarbeiten die Schülerinnen und Schüler in einem Workshop und mithilfe der Ausstellung zentrale Aspekte des Kalten Krieges, die an die Inhalte des Unterrichtes anknüpfen und doch hier an diesem Ort eine andere Wirkung entfalten.
Die Eindrücke des langen Tages wirken auch auf der Zugfahrt in Gesprächen noch fort. Themen, die im Unterricht gelernt werden, werden an solchen Orten und in Begegnungen mit Menschen viel greifbarer und können anders verstanden werden - und sie werden gewiss nicht vergessen!
Text und Fotos: Nathalie Simon